Newsletter Nr. 108 (DE)
Zollfreier Handel innerhalb von ASEAN
und den Nachbarländern
Januar 2015
In diesem Newsletter untersuchen wir unter welchen Voraussetzungen Produkte, die in einem Lande der Association of Southeast Asian Nations („ASEAN“) hergestellt werden, in einem anderen ASEAN Staat zollfrei vertrieben werden können.
1. Einführung
Die ASEAN hat 10 Mitgliedsstaaten (Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand, Brunei, Myanmar, Kambodscha, Laos und Vietnam). Jeder dieser Staaten ist multilateral und bilateral mit verschiedenen anderen Staaten verbunden.
Bereits 1992 hatte die ASEAN die Etablierung einer ASEAN-Freihandelszone, der AFTA (Asean Free Trade Area), beschlossen. Für die Gründungsmitglieder, die “ASEAN-6” (Brunei, Indonesien, Singapur, Thailand, Malaysia, Philippinen), sind die AFTA-Bestimmungen seit Januar 2010 in Kraft, die 99 Prozent der Zölle auf 0 bis 5 Prozent reduziert haben. Für die übrigen ASEAN-Länder Vietnam, Laos, Kambodscha und Myanmar gilt eine Übergangsphase bis 2015. Das AFTA ebnet den weiteren Weg für den anvisierten ASEAN-Binnenmarkt (“Asean Economic Community” oder „AEC“)). Dieser soll bis 2015 zu einem gemeinsamen Markt und Produktionsstandort für Güter, Dienstleistungen, Kapital und Arbeit avancieren. Der Anteil der ASEAN am Welthandel wird häufig unterschätzt. ASEAN liegt mit einem Anteil von knapp 6 Prozent am Welthandel nur leicht hinter dem Chinas, der rund 10 Prozent des Welthandels bestreitet – und vor Indien mit einem Anteil von knapp 2 Prozent. Insgesamt bietet die ASEAN-Region einen Wirtschaftsraum mit mehr als 590 Millionen Menschen und einem Bruttoinlandsprodukt von 1,5 Billionen US-Dollar.
Die ursprünglichen sechs ASEAN-Länder, namentlich Brunei, Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur und Thailand, konnten
bereits bei mehr als 99% der gehandelten Produkte der CEPT Inclusion List (IL) of ASEAN-6 die Zölle auf ein Niveau von 0-5% senken. Die neueren Mitgliedstaaten, Kambodscha, Laos, Myanmar und Vietnam, sind in Bezug auf das Senken der Zölle dicht dahinter.
Zolltarife beziehen sich auf verschiedene HS-Nummern. Dies entspricht einem harmonisierten System von mehreren tausend Gütern, die alle eindeutig mit einer HS-Nummer bezeichnet sind, wobei allerdings zwischen verschiedenen Staaten teilweise verschiedene Auffassungen bestehen. Zolltarife werden (vom Grundsatz her) im Laufe der Jahre geringer (es sei denn, es gibt kurzfristige Anti-Dumping Maßnahmen, was bedeutet, dass die Zollsätze bei einigen Warengruppen zeitweise erhöht werden (z.B. bei Stahl, Reis, Schuhen, etc.) oder dass durch fallbezogene Quoten die Einfuhr erschwert oder verhindert wird.
Beim Export von einem Land in ein anderes kommt als Zoll-Berechnungsgrundlage grundsätzlich in Betracht der Zollsatz
- der ASEAN Mitgliedsstaaten untereinander,
- eines Free Trade Agreements („FTA“), das die ASEAN-Staaten mit einem Drittland abgeschlossen haben (z.B. ASEAN Plus Three – China, Japan und Südkorea),
- eines FTA, das ein einzelner ASEAN Staat mit einem Drittland abgeschlossen hat (z.B. Thailand mit Australien),
- der Regularien der World Trade Organisation („WTO“) und
- der Länder, die in keine dieser Kategorien fallen.
2. Bilaterale und Multilaterale A kommen
a) ASEAN Mitgliedsstaaten unter einander
Der Zusammenschluss der ASEAN-Staaten fand am 8. August 1967 in Bangkok zwischen den ersten sechs Mitgliedsstaaten statt. Im Zeitalter des Kalten Krieges – als die Eskalation des Vietnam-Krieges seinem Höhepunkt entgegensteuerte – einigten sich die Staaten Brunei, Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur und Thailand auf eine enge Zusammenarbeit mit der Zielsetzung wirtschaftlichen und sozialen Wachstums.
b) ASEAN Plus
Es wurde erkannt, dass diese Ziele nicht ausschließlich durch die Zusammenarbeit der genannten ASEAN Länder untereinander erreicht werden können. Daher werden weitere bilaterale Verträge von ASEAN mit anderen Nationen angestrebt.
- aa) China
So ist die Zusammenarbeit von ASEAN mit China in bestimmten Teilen des Wirtschaftslebens bereits vereinbart worden und trat im Juli 2005 in Kraft (das ASEAN China Free Trade Agreement: „ACFTA“). Als Folge ist China seit 2009 ASEANs größter Handelspartner. Um die Partnerschaft ASEAN-China in Bezug auf Frieden und Wohlstand weiter zu vertiefen, wurde für den Zeitraum 2011-2015 im Oktober 2010 ein Aktionsplan auf den Weg gebracht. Dieser betrifft insbesondere die elf Bereiche Landwirtschaft, Informations- und Kommunikationstechnologien, die Entwicklung des Humankapitals, die Entwicklung des Mekong-Beckens, Investitionen, Energie, Transport, Kultur, öffentliche Gesundheit, Tourismus und Umwelt. Das Ziel der Kriminalitätsbekämpfung wurde verstärkt durch einen weiteren Aktionsplan im Jahre 2011. Um die Kommunikation und Koordination in der ASEAN-China-Partnerschaft voranzutreiben, entsandte China erstmals im September 2012 einen dauerhaften Repräsentanten an die ASEAN.
- bb) Japan
Anlässlich eines ASEAN-Japan-Gipfeltreffens im November 2011 beschlossen die Vorsitzenden beider Seiten die Joint Declaration zur Förderung der strategischen ASEAN-Japan-Partnerschaft für gemeinschaftliches Wachstum und verabschiedeten einen ASEAN-Japan-Aktionsplan für den Zeitraum von 2011-2015. Insgesamt behält Japan seinen Status als zweitgrößter Handelspartner der ASEAN-Zone nach China. Zeitgleich ist Japan zur zweitgrößten Quelle von Direktinvestitionen (FDI) in der ASEAN-Region geworden. Die Kommunikation zwischen ASEAN und Japan wird über integrierte Mechanismen wie Gipfel-, Experten- und Ministertreffen sowie regionale Foren und Unterorganisationen gesteuert. 2004 trat Japan dem Freundschafts- und Kooperationsvertrag (TAC) bei. Letztlich engagiert sich Japan auch im Bereich maritimer Sicherheit, was 2007 zur Einrichtung des ASEAN Maritim Forums (AMF) führte.
- cc) Südkorea
Das Verhältnis ASEAN-Südkorea erfuhr einen Höhenflug mit der Unterzeichnung eines Kooperationsvertrags in 2004 und der Umsetzung eines Aktionsplanes in 2005. Im Jahre 2010 vertieften ASEAN und Südkorea die Partnerschaft, indem sie ihre Zusammenarbeit, welche bisher von Dialog und Kooperation geprägt war, zu einer strategischen Partnerschaft ausbauten. Begleitet wurde das Vorhaben wiederum von einer Joint Declaration verbunden mit einem Aktionsplan bezogen auf die Jahre 2011-2015. Im Zuge dessen und im Hinblick auf die Förderung der engen Zusammenarbeit und des gegenseitigen Verständnisses ernannte und entsandte Südkorea erstmals im September 2012 einen ständigen Repräsentanten, welcher die Kooperation mit ASEAN koordiniert. Die ASEAN-Südkorea-Kooperation hat in den Bereichen Politik und Sicherheit durch Dialog und Austausch sowohl auf regionaler als auch auf internationaler Ebene – im Rahmen von durch die Kooperations- bzw. Partnerschaftsvereinbarungen festgelegten Mechanismen, insbesondere durch Gipfeltreffen, Ministermeetings und den ASEAN Plus Three (APT)-Prozess – eine Stärkung erfahren.
- dd) Indien
Mit der Unterzeichnung des Freihandelsrahmenvertrages zwischen den ASEAN-Staaten und Indien trat zum 1. Januar 2010 die Freihandelszone ASEAN–India Free Trade Area (AIFTA) in Kraft. Hierdurch wurde eine der größten Freihandelszonen der Welt mit einem Markt von 1,8 Billionen Menschen und einem Bruttoinlandsprodukt von 2,8 Billionen US$ geschaffen. Von dem Freihandelsabkommen ausgenommen wurden zum Beispiel Produkte aus den Bereichen Agrarproduktion, Kfz-Teile, Textilien, Plastik und Chemikalien. Bei anderen Produkten bat sich Indien übergangsweise einen längeren Zeitraum für die Umsetzung der Zollsenkungen aus. Hierunter fallen Palmöl, Kaffee, Tee und Pfeffer, auf die der Zoll bis 2019 auf 40 bis 45% gesenkt werden soll. Parallel hierzu schlossen die ASEAN-Staaten und Indien 2009 eine Schiedsgerichtsvereinbarung.
- ee) Australien und Neuseeland
Seit 2009 besteht ein Abkommen mit Australien und Neuseeland („AANZFTA“). Die Besonderheit bei AANZFTA ist, dass das Abkommen – entgegen der Absprache – am 1. Januar 2010 nur für die Länder Australien, Neuseeland, Brunei, Myanmar, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam in Kraft getreten ist, da man sich mit den anderen Mitgliedsstaaten nicht auf einverständliche Grundlagen einigen konnte, wobei im Falle Thailands ohnehin bereits ein FTA in Kraft war. Das Abkommen AANZFTA trat am 1 Januar 2011 für Laos, am 4. Januar 2011 für Kambodscha und am 10. Januar 2012 für Indonesien in Kraft.
- ff) Europäische Union und Deutschland
Zurzeit werden weitere Verhandlungen von der ASEAN mit Ländern wie Kanada, der Ukraine, Pakistan und der Europäischen Union geführt. Deutschland hat aufgrund der Zugehörigkeit zur Europäischen Union keinerlei Möglichkeit, einen bilateralen Vertrag mit ASEAN zu schließen. Diese Aufgabe erfüllt die Europäische Union gemäß dem Unionsvertrag nun im Ganzen mit Bindungswirkung für alle Mitgliedstaaten. Im Mai 2010 beschlossen die ASEAN-Staaten und die EU als Weiterentwicklung zum Partnerschaftsvertrag von 2007 den Aktionsplan BANDAR SERI BEGAWAN PLAN OF ACTION TO STRENGTHEN THE ASEAN-EU ENHANCED PARTNER-SHIP für dem Zeitraum 2013-2017 zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen ASEAN und der EU.
ASEAN und die EU vereinbarten, dass alle zwei Jahre Ministertreffen stattfinden sollen. Die Zusammenarbeit erstreckt sich neben der wirtschaftlichen Kooperation auf unterschiedliche Gebiete wie beispielsweise den Kampf gegen Terrorismus und Piraterie. Im Mai 2011 setzen die Wirtschaftsminister das ASEAN-EU-Handels- und Investitions-programm um. Dieses umfasst unter anderem eine vertiefte Zusammenarbeit in den Bereichen Urheberrecht, Reduzierung technischer Handelsbarrieren sowie die Entwicklung von Handelsbräuchen im Durchgangshandel.
Auch für Deutschland ist ein Engagement in der ASEAN-Zone interessant, da die deutsche Wirtschaft gerade mit grünen Zukunftstechnologien in der ASEAN-Region punkten kann. Denn angesichts der Wirtschaftsdynamik besteht ein enormer Bedarf an umweltfreundlichen, energieeffizienten Lösungen für ein nachhaltiges Wachstum. Allerdings trifft die deutsche Wirtschaft auch auf zunehmend stärkeren Wettbewerb in Asien. Künftig wird es daher mehr denn je darauf ankommen, Kooperationen und Partnerschaften – insbesondere bei Technologie, Innovationen sowie Forschung und Entwicklung zu etablieren.
- gg) Schweiz
Fast 22 % aller Exporte der Schweiz gehen nach Asien. Interessant für die Schweiz ist vor allem das Wachstum der Mittelschicht und dem damit einhergehenden Wachstum des Konsums der Mittelklasse, da Schweizer Unternehmen mit qualitativ hochstehenden Produkten eher im Hochpreissegment aktiv sind. Neben Vietnam und Singapur gehört Thailand zu den engsten Handelspartnern der Schweiz in Asien. Bisher besteht allerdings lediglich zwischen der Schweiz und Singapur ein Freihandelsabkommen. Verhandlungen zwischen der European Free Trade Association („EFTA“), deren wichtigstes Mitglied die Schweiz ist, und Thailand sind, nachdem diese 2006 ins Stocken gerieten, wieder aufgenommen worden.
Nachdem im Dezember 2008 die ASEAN-Charta in Kraft getreten ist, welche den Rahmen für eine engere wirtschaftliche Integration bildet und die Akkreditierung von Botschaftern aus Nichtmitgliedstaaten ermöglicht, entsandte die Schweiz 2009 einen Botschafter zur ASEAN-Staatengemeinschaft.
- c) Free Trade Agreement eines Mitgliedsstaates mit Drittstaaten
Ferner ist es möglich, dass jeder ASEAN-Mitgliedsstaat selbst und unabhängig von ASEAN ein Freihandelsabkommen mit einem Drittstaat schließt. Thailand beispielsweise hat im Jahr 2003 ein FTA mit Australien geschlossen, das seit dem 1. Januar 2005 in Kraft ist („TAFTA“). Ebenso bestehen derartige Abkommen mit China (2003) und Indien (2004), die teilweise über die ASEAN Vereinbarungen hinausgehen.
- d) WTO
Alle Mitgliedsstaaten der ASEAN sind Mitglieder der WTO. Laos seit Februar 2013, Thailand, die Philippinen, Singapur, Indonesein, Malaysia, Brunei und Burma seit 1995, Kambodscha seit 2004 und Vietnam seit 2007.
Im Rahmen dieses Artikels ist es nicht möglich, alle multilateralen Abkommen der ASEAN Staaten mit anderen Drittstaaten zu beleuchten und deren jeweilige Ausnahmen aufzulisten. Sollten über diesen Artikel hinaus aber weitergehende Fragen bestehen, sprechen Sie uns bitte an. Es ist schwierig, für eine bestimmte Warengruppe (HS-Nummer) in einem bestimmten Zeitpunkt das günstigste einschlägige Abkommen zu finden. Der Unterschied bei der Verzollung kann indes sehr hoch sein.
3. Export-/Importvoraussetzungen
Für den Import und Export von Produkten aus ASEAN Ländern in andere Vertragsstaaten und Drittstaaten wird grundsätzlich ein Ursprungszeugnis für das Produkt benötigt. Es gibt zwei Arten:
- Reguläres Ursprungszeugnis,
- Qualifiziertes Ursprungszeugnis.
a) Reguläres Ursprungszeugnis
Das reguläre Ursprungszeugnis benennt lediglich das Herkunftsland. Hierfür gibt es üblicherweise keinerlei Zollvergünstigungen beim Import.
Mögliche Aussteller dieser Art von Ursprungszeugnissen sind in Thailand zum Beispiel: The Thai Chamber of Commerce, The Department of Foreign Trade und The Federation of Thai Industries. Insbesondere dieThai Chamber of Commerce erstellt Ursprungszeugnisse, sofern das exportierte Gut in Thailand fertig gestellt wurde. Hierzu reicht schon die Montage einzelner Teilprodukte zu einem Endprodukt in Thailand.
Allerdings verlangen verschiedene Importländer über das reguläre Ursprungszeugnis hinaus weitere Formalitäten. Insbesondere Exporte in den Nahen Osten müssen sehr genau vorbereitet werden, da hier zum Beispiel das Herkunftsland auf dem Produkt selbst und nicht lediglich auf der Verpackung erwähnt sein muss.
b) Qualifiziertes Ursprungszeugnis
Mit einem qualifizierten Ursprungszeugnis gilt das Endprodukt als in dem jeweils ausstellenden Land hergestellt und genießt damit besondere zollrechtliche Behandlungen, gegebenenfalls bis hin zur Zollbefreiung. Ein qualifiziertes Ursprungszeugnis muss bei der jeweils zuständigen Stelle beantragt werden und kann nur dann ausgestellt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Grundsätzlich muss das Endprodukt eine substantielle Änderung (Mehrwert) im Vergleich zu den Ausgangsprodukten erfahren haben. Als Kriterien sind anerkannt:
- das Verarbeitungskriterium oder
- das Anteilskriterium.
Die Auswahl, auf welches dieser Kriterien zurückgegriffen werden kann, ist abhängig davon, in welches Land exportiert werden soll.
- aa) Das Verarbeitungskriterium
Nach dem Verarbeitungskriterium müssen mindestens 40 % des FOB-Exportwertes in dem Land als Mehrwert generiert werden, um als in diesem Land hergestellt zu gelten (z.B.: Import von Rohmaterial aus Deutschland nach Thailand für 100, Mehrwert hinzugefügt durch Weiterverarbeitung und lokale Materialien in Höhe von 80, Verkauf inklusive Gewinn zum Preis von 190. Danach wurde in Thailand an dem Produkt ein Mehrwert von etwa 42% geschaffen, was somit dazu führt, dass es innerhalb von ASEAN oder auch ASEAN Plus zollfrei exportiert werden kann). Diese erwähnten 40% des Exportwertes müssen aus dem exportierenden Land oder einem anderen ASEAN-Mitgliedsstaat stammen oder als von dort stammend gelten (und damit selbst ein entsprechendes qualifiziertes Ursprungszeugnis haben).
- bb) Das Anteilskriterium
Ferner gibt es das sogenannte Anteilskriterium, wonach die Herkunft der Ausgangsprodukte grundsätzlich nicht relevant ist. Der anteilige Wert der Verarbeitung darf aber einen bestimmten Prozentsatz nicht unterschreiten. (Beispiel: Einfuhr von Gold im Wert von 100, Verarbeitung des Goldes zu Schmuck und Export zum Preis von 150. Hier ist ein Wertzuwachs von 50% generiert worden, der dazu führt, dass das Produkt ein qualifiziertes Ursprungszeugnis erhält.)
4. Zollfreier Verkauf
Beim Export innerhalb ASEAN oder in ein Drittland ist es wichtig, die entsprechenden Abkommen zu kennen und anwenden zu können. Jedes Abkommen ermöglicht eine andere Art der Behandlung der Produkte beim Import in das jeweilige Land.
a) ASEAN
Innerhalb der ASEAN Mitgliedsstaaten ist der Handel grundsätzlich zollfrei möglich, soweit das Produkt ein qualifiziertes Ursprungszeugnis hat. Nur die Staaten Kambodscha, Laos, Myanmar und Vietnam haben noch bis zum Jahr 2015 Zeit, den momentan bestehenden Einfuhrzoll zu reduzieren. Die Zölle betragen hier zurzeit zwischen 0% für die meisten landwirtschaftlichen Produkte und bis zu 15% für andere Produkte. Außerdem können eingeführte Produkte vom importierenden Land als „sensibel“ eingestuft werden. Diese Regelung hat zur Folge, dass Zölle beibehalten werden können. Sensible Güter in der gesamten Region sind insbesondere Reis und ähnliche relevante Produkte der Landwirtschaft. Regelmäßige Ausnahmen von der Zollfreiheit werden immer dann gemacht, wenn es ein Mitgliedsstaat im Hinblick auf den moralischen Schutz der Bevölkerung und im Hinblick auf kulturelle Einrichtungen für notwendig hält.
Malaysia hat mit den EFTA-Staaten (European Free Trade Area) am 20. Juli 2010 eine Joint Declaration on Closer Economic Partnership Agreement (CEPA) unterzeichnet. Das CEPA soll die wirtschaftliche Zusammenarbeit vertiefen und beinhaltet insbesondere Klauseln zum Informationsaustausch, Entwicklung von Investitionen und Handel sowie technischer Unterstützung.
b) ASEAN Plus
- aa) ACFTA (ASEAN China Free Trade Agreement)
Das ACFTA ist in allen ASEAN Vertragsstaaten im Juli 2005 in Kraft getreten. Damit wurde das größte Freihandelsabkommens der Welt nach Anzahl der Bevölkerung (1,9 Milliarden) und das drittgrößte nach aggregiertem Bruttoinlandsprodukt der Mitgliedsländer (6 Billionen US$) geschaffen. Es unterteilt die Reduzierung der Einfuhrzölle in drei Kategorien:
- Early Harvest Programme („EHP“), das insbesondere lebende Tiere und Lebensmittel (Nüsse, Früchte, Milchprodukte, etc.) beinhaltet,
- Normal Track (übrige Produkte),
- Sensitive Track (strukturrelevante und sensible Produkte).
EHP-Produkte sind seit dem 1. Januar 2010 grundsätzlich in allen beteiligten Ländern zollfrei. Den Vertragsstaaten bleibt es aber offen, einen gewissen Anteil der von ihnen als relevant eingestuften Produkte (Sensitive Track) aufzulisten und trotzdem mit Zöllen zu belasten. Dabei handelt es sich insbesondere um landwirtschaftliche Produkte wie Reis. Alle übrigen Produkte, insbesondere Maschinen und Maschinenzubehör sowie Chemikalien, sind Normal-Track-Produkte, welche in den ASEAN-6 (also den 6 Gründerstaaten) und China seit dem 1. Januar 2010 zollfrei importiert werden können. In Vietnam, Kambodscha und Myanmar wird dies noch bis 2015 dauern. Bis dahin soll der Einfuhrzoll von derzeit 5–15% auf 0% reduziert werden.
Es ist davon auszugehen, dass China die ohnehin schon engen Handelsbeziehungen mit ASEAN deutlich intensiviert, da eine Möglichkeit für China besteht, sich weg von den zum Teil fremddominierten Handelsbeziehungen mit den USA und der EU hin zu einem chinesisch dominierten Handelsraum zu bewegen. Es ist zudem aufgrund des steten Wachstums auf die vielfältig vorhandenen Ressourcen im ASEAN-Raum angewiesen. Auf der anderen Seite haben einige ASEAN Mitgliedsstaaten bereits Bedenken geäußert, dass ihre Märkte mit billigen Produkten aus China überflutet werden könnten.
Die Schaffung dieses Freihandelsabkommens hat ferner auch Auswirkungen auf Hongkong. Auch wenn Hongkong ein selbständiges Zollterritorium darstellt und damit nicht direkt von dem Freihandelsabkommen profitiert, so sind doch einige Synergieeffekte mit der Sonderverwaltungszone zu erkennen. Die Zuwächse der Re-Exporte aus Hongkong lagen in den ASEAN-Mitgliedsstaaten in den letzten Jahren regelmäßig im zweistelligen Bereich. Durch die Abschaffung von Zöllen auf etwa 7.000 Produkte werden auf dem Festland investierende Hongkonger Unternehmen durch die einhergehenden Kostensenkungen profitieren. Hongkong wird dadurch als Frachtumschlagsplatz an der Schnittstelle der Handelsbeziehungen zwischen ASEAN und China an den wachsenden intra-asiatischen Handelsströmen partizipieren und folglich davon auch profitieren.
Im Zuge dieser Entwicklung beraten Hongkong und ASEAN derzeit sogar über den Abschluss eines bilateralen Freihandelsabkommens.
Am Rande sei auch das am 29. Juni 2010 zwischen der Volksrepublik China und Taiwan unterzeichnete Economic Cooperation Framework Agreement (ECFA) aufgrund seiner Auswirkungen auf den ASEAN-Raum erwähnt. Hiernach sollen Zolltarife im bilateralen Handel reduziert werden. Unter dem „Early Harvest Program“ gelten reduzierte Zollsätze für bestimmte Produkte. So hat China beispielsweise die Zollsätze für bestimmte Plastikwerkzeuge, petrochemische Produkte, Textilien und Metallprodukte auf null reduziert. Im Gegenzug hat Taiwan Zölle auf petrochemische Materialien, Maschinen und elektronische Produkte auf null reduziet. Insgesamt hat China für 539 Güter reduzierte Zollsätze eingeführt. Taiwan hat im Gegenzug 267 Güter begünstigt.
- bb) AIFTA (ASEAN India Free Trade Agreement)
AIFTA sieht eine gestaffelte Reduzierung von Einfuhrzöllen für Produkte aus den jeweiligen Ländern bis 2019 vor. Auch hier gibt es die Unterscheidung zwischen Normal Track, Senstitive Track und speziellen Produkten sowie eine Ausschlussliste.
- cc) AANZFTA (ASEAN Australia New Zealand Free Trade Agreement)
Der Einfuhrzoll von Produkten aller Art (also auch Autos von Australien nach Thailand bzw. Malaysia) soll langfristig bis 2020 auf 0% reduziert werden, wobei ähnliche Ausnahmen gelten wie für das Freihandelsabkommen mit China.
Ein weiteres bilaterales Abkommen zwischen Malaysia und Australien wurde im Jahre 2012 unterzeichnet und trat am 1. Januar 2013 in Kraft. Ziel ist die Reduzierung der Zölle auf etwa 99% aller Produkte bis 2017.
c) bilaterale FTA
TAFTA, das Freihandelsabkommen zwischen Thailand und Australien beseitigt seit 1. Januar 2010 nahezu alle Einfuhrzölle mit wenigen Ausnahmen von landwirtschaftlichen und kulturell relevanten Produkten. Damit haben Thailand und Australien bilateral einen früheren Zeitpunkt gewählt als es Australien mit den oben erwähnten anderen ASEAN-Mitgliedsstaaten getan hat. Insofern wird der Handel hier schon deutlich länger unterstützt als es zwischen Australien und den ASEAN-Staaten der Fall ist. Ebenso verhält es sich mit den Abkommen zwischen Thailand und China sowie Indien.
- d) WTO
Das GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) in seiner Fassung von 1994 ermöglicht grundsätzlich einen zollfreien Handel zwischen den Mitgliedsstaaten. Der Nachteil des GATT ist aber, dass zu viele Ausnahmen von der Regel der Zollfreiheit gemacht worden sind. (Die Ausnahmeregelungen der EU füllen beispielsweise mehrere Aktenordner.) Dies basiert häufig auf rein politisch motivierten Entscheidungen der Mitgliedsstaaten.
5. Ergebnis
Jedes Abkommen bietet für sich genommen Vor- und Nachteile. Um zoll-optimiert exportieren zu können, bedarf es eines Verständnisses für die unterschiedlichen Abkommen sowie praktischer Erfahrungen, da die Auslegung dieser Abkommen durch die einzelnen Staaten oftmals unterschiedlich ist. Nur so kann ein zoll-optimierter Export unter Ausnutzung der bestehenden Abkommen vorbereitet werden. Wir stehen Ihnen bei der Optimierung Ihrer Vorhaben gerne zur Verfügung.
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit den vorliegenden Informationen behilflich sein konnten.
Sollten Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich bitte an:
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