Newsletter No. 028

NL028 Ausnahmen von der Steuerfreistellung von Arbeitslohn bei Entsendungen

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I. Einleitung

Bei der Auslandsentsendung eines Arbeitnehmers, der seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland behält, erhält dieser sowohl sein Gehalt in Deutschland als auch im Aufnahmeland, in das er entsendet wird.

Je nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und Dauer des Aufenthaltes ist aber ggf. der Arbeitslohn nur im Aufnahmeland zu versteuern; der im Aufnahmeland gezahlte Gehaltsanteil ist ggf. in Deutschland steuerfrei. Viele ältere DBA sehen in diesen Fällen eine entsprechende Steuerfreistellung des Arbeitslohns in Deutschland vor (z. B. Art. 14, 22 DBA Deutschland-Thailand). Hiervon macht § 50d Abs. 8 EStG allerdings eine Ausnahme.

II. Regelung des § 50d Abs. 8 EStG

  • 50d Abs. 8 EStG lautet wie folgt:

Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Wird ein solcher Nachweis erst geführt, nachdem die Einkünfte in eine Veranlagung zur Einkommensteuer einbezogen wurden, ist der Steuerbescheid insoweit zu ändern. § 175 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechen anzuwenden.

  • 50d Abs. 8 EStG normiert damit eine einseitige Rückfallklausel, die auch dann gelten soll, wenn in einem anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen eine solche Klausel gerade nicht enthalten ist (sog. Treaty
    Override
    ).

III. Voraussetzungen

Die Regelung gilt nur für Arbeitnehmer, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig bleiben, also hier einen (steuerlichen)

Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt behalten. Als Wohnung gilt dabei jede Unterkunft, die grundsätzlich zum Wohnen geeignet ist und zu der der Arbeitnehmer im Prinzip uneingeschränkt Zugang hat. (Beispielfall „Boris Becker“: Wohnmöglichkeit (mit Schlüssel) in der Wohnung der Schwester reichte aus) Hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthalts reicht ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten, ohne dass ein Wohnsitz vorhanden sein muss. Nach der Regelung des § 50d Abs. 8 EStG wird die Freistellung der Auslandseinkünfte in Deutschland bei der Veranlagung ungeachtet des Doppelbesteuerungsabkommens dauerhaft nur gewährt, soweit der unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer nachweist, dass:

  • der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht (Tätigkeitsstaat), auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat (bspw. Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, etc., aber auch Thailand, soweit das Gehalt für Tätigkeiten außerhalb Thailands gezahlt wurde und die Auszahlung im Ausland erfolgte) oder
  • dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern tatsächlich entrichtet wurden.

IV. Zusätzliche deutsche Einkünfte

Relevant ist dies insbesondere für den Fall, dass ein Mitarbeiter eines deutschen Unternehmens neben seinem Gehalt im Tätigkeitsstaat (bspw. Thailand, China, etc. – das im Regelfall ordnungsgemäß dort versteuert wird) noch zusätzliche Zahlungen von seinem deutschen Arbeitgeber erhält. Oftmals werden diese Zahlungen vom Lohnsteuerabzug in Deutschland befreit Eine Versteuerung im Tätigkeitsstaat erfolgt jedoch nicht.

In diesem Fall greift § 50d Abs. 8 EStG. Diese Einkünfte sind in diesen Fällen in Deutschland zu versteuern, sofern nicht nachgewiesen werden kann, dass sie im Tätigkeitsstaat versteuert wurden oder der Tätigkeitsstaat auf sein (eigentlich nach dem Doppelbesteuerungsabkommen bestehendes) Besteuerungsrecht verzichtet.

Beispiel:

In Thailand wäre ein Verzicht nur dann nachweisbar, wenn die in Deutschland ausgezahlten Gehaltsbestandteile

  • nicht für die Tätigkeit in Thailand gezahlt werden und
  • nicht von der thailändischen Tochtergesellschaft oder Betriebstätte getragen werden.

Ist der Mitarbeiter also nur in Thailand tätig, verfügt aber noch über einen deutschen steuerlichen Wohnsitz, ist ein in Deutschland für diese Tätigkeit bezahltes (Teil-) Gehalt daher in Deutschland zu versteuern, sofern eine Versteuerung in Thailand nicht nachgewiesen werden kann.

Anders verhält es sich,  wenn das Gehalt in Deutschland für andere Tätigkeiten außerhalb Thailands gezahlt wird (bspw. Marktentwicklung in Vietnam, Kambodscha und Laos). Ein solches wäre, sofern angemessen, trotz § 50d Abs. 8 EStG weder in Thailand noch in Deutschland steuerbar, da Thailand Offshore-Einkünfte grundsätzlich nicht besteuert, sofern sie nicht nach Thailand gebracht werden.

V. Fazit

§ 50d Abs. 8 EStG soll letztlich vermeiden, dass Einkünfte, deren Versteuerung dem
Tätigkeitsstaat zugewiesen ist, nicht versteuert werden, obwohl dort eigentlich eine Pflicht zur Versteuerung besteht. Letztlich soll also eine Steuerhinterziehung im Ausland durch eine Steuerzahlung im Inland kompensiert werden. Sogenannte „weiße Einkünfte“ (Einkünfte, die in keinem Land besteuert werden) bleiben dagegen steuerfrei, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Tätigkeitsstaat bewusst auf eine Besteuerung verzichtet. In der Literatur wird diese Überschreibung eines Doppelbesteuerungsabkommens durch innerstaatliches Gesetz (sog. „Treaty Override“) überwiegend für verfassungsgemäß erachtet. Er soll jedoch nach Ansicht verschiedener Autoren gegen Völkerrecht verstoßen, soweit der Ausnahmetatbestand nicht im Doppelbesteuerungsabkommen ausdrücklich geregelt ist. Dies ist

insbesondere bei älteren Doppelbesteuerungsabkommen gerade nicht der Fall.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 15. Dezember 2015 (Az.: 2 BvL 1/12) die Verfassungsmäßigkeit des „Treaty Override“ bestätigt und diese Rechtsfrage damit verbindlich geklärt. Das Bundesverfassungsgericht stützt sein Urteil darauf, dass

  • völkerrechtlichen Verträgen (wie Doppelbesteuerungsabkommen) grundsätzlich der Rang eines einfachen (Bundes-) Gesetzes zukommt,
  • es dem jeweiligen Gesetzgeber vorbehalten bleiben muss, Rechtsetzungsakte früherer Gesetzgeber revidieren zu können (keine Einschränkung des lex-posterior-Grundsatzes),
  • sich schließlich aus dem Rechtsstaatsprinzip kein Vorrang des Völkervertragsrechts vor dem (einfachen) Gesetz ergibt oder eine Einschränkung des lex-posterior-Grundsatzes abgeleitet werden kann.

Vor dem Hintergrund der Bestätigung der Verfassungskonformität von § 50d Abs. 8 EStG ist die „abkommensverdrängende“ Wirkung dieser Norm hinsichtlich älterer Doppelbesteuerungsabkommen eindeutig geklärt. Die Regelung findet daher auf vor der Einführung des § 50d Abs. 8 EStG abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen Anwendung. Inzwischen ist auch geklärt, dass § 50d Abs. 8 EStG Vorrang gegenüber den Bestimmungen eines danach abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens hat (Bundesfinanzgerichtshof Az. I R 64/13). In der Praxis dürfte diese Frage allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen, da die meisten neuen Doppelbesteuerungsabkommen sog. Rückfallklausen („subject-to-tax-Klasuel“) enthalten und das Anrechnungsverfahren zugrunde legen, also Steuern in Deutschland ohnehin nur in dem Umfang entfallen, in dem sie in einem anderen Land gezahlt wurden.

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