Newsletter Nr. 175 ( DE )

Die Hongkong Gesellschaft: Wer entscheidet was? (6 Seiten)

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I. Einführung

 

Die üblichste Gesellschaftsform in Hongkong ist die Company Limited (Ltd.), d.h. eine ei­genständige juristische Person mit be­schränk­ter Haftung. Wie in Deutschland auch, haftet die Gesellschaft grundsätzlich nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Aller­dings gibt es keine Vorgaben in Bezug auf das Mindestkapital einer Ltd. in Hongkong. Es ist also möglich und kommt des Öf­teren vor, dass Gesellschaften mit ei­nem Kapital von 1 HKD (ca. 0,10 EUR) gegrün­det werden.

 

Die Anzahl der Gesellschafter (shareholder) bei einer privaten Ltd. ist auf 50 begrenzt (Cap 622 [Companies Ordinance], Sec 11 (1)(a)(ii)); bei mehr als 50 Gesellschaftern spricht man von einer public limited company, die dann auch an der Hongkonger Börse gelistet wer­den kann. Da für public limited compa­nies aber teilweise andere und weiterrei­chende Pflich­ten bestehen (z.B. Veröffentli­chung der Bi­lan­zen), soll sich dieser Newslet­ter aus­schließlich auf private limited companies be­ziehen.

 

Organe einer private limited company sind

  • das Board of Directors (= Geschäfts­führer),
  • die Shareholder (Gesellschafter) und
  • der Company Secretary.

 

Ein dem deutschen Aufsichtsrat vergleichba­res Organ findet sich in Hongkong nicht. Es können aber Personen zu non-exectutive directors bestellt werden, die dann eine beratende und überwachende Funktion ausüben können.

 

Der Company Secretary einer Gesellschaft ist eine offizielle Position.  Er ist den Behör­den

gegenüber für die Einhaltung der gesetzli­chen administrativen Vorschriften verantwortlich.

 

Der Company Secre­tary ist vor al­lem für die Aufbewahrung der Gesell­schafts­unterlagen und die Einhaltung verschiedener Meldevor-schriften und Pflich­ten verantwort­lich. In das operative Ge­schäft der Gesell­schaft greift der Company Secretary nicht ein.

 

Von daher soll nachstehend vor allem be­leuchtet werden, wie die Aufgabenverteilung zwischen den Gesellschaftern und den Ge­schäftsführern bzw. dem Board of Di­rectors geregelt ist.

 

II. Board of Directors versus Gesellschafter

1. Die Gesellschafter und ihre Aufgaben und Pflichten

a) Überblick

Die Shareholder einer Gesellschaft sind de­ren Eigentümer.

 

b) Grundsatz

Zu beachten ist allerdings, dass die Gesellschafter grundsätzlich nicht aktiv in das opera­tive Tagesgeschäft der Gesellschaft eingrei­fen. Dies ist grundsätzlich dem Board of Direc­tors vorbehalten. Dieser Grundsatz fin­det sich in Cap 622H Companies (Model Articles) Notice, Schedule 2:

 

Sec 3 (1): Subject to the Ordinance and these articles, the business and affairs of the company are managed by the directors, who may exercise all the powers of the com­pany.

 

Zwischen den Gesellschaftern kann aber entwe­der bei Gründung der Gesellschaft in der Ge­sellschaftssatzung (Articles of Associa­tion) oder später in einem separaten Gesellschafter­ver­trag (Shareholders’ Agree­ment) vereinbart (und damit von Sec 3 (1) abgewichen) werden, dass bestimmte Ge­schäfte entweder der Zustim­mung der Gesell­schafter bedürfen, oder von diesen aus­schließlich beschlossen werden sol­len. In letzterem Fall ist für die Ausführung eines sol­chen von den Gesellschaftern beschlos­se­nem Geschäfts (z.B. Kauf einer Immobilie) trotz­dem das Board of Directors notwendig, da die Gesellschaft ausschließlich durch die Direk­toren und nicht durch die Gesellschaf­ter vertreten werden kann.

 

Möchten die Gesellschafter bestimmte Ge­schäfte vom Board of Directors auf sich über­tragen (und damit dem Board of Direc­tors Entscheidungsbefugnisse entziehen), so kann dies nur dadurch geschehen, dass die Ar­ticles of Association entsprechend geän­dert werden. Alternativ können die Share-Gesellschafter be­stimmte (oder alle) Direkto­ren austauschen und (neue) Direktoren einsetzen.

 

c) Ausschließlich den Gesellschaftern vorbe­haltene Geschäfte

Es gibt allerdings eine Anzahl von Geschäf­ten, welche durch Gesetz ausschließlich den Gesellschaftern zugewiesen und nicht dis­po­sitiv sind. Diese sind in Cap 622 Compa­nies Ordinance (CO) wie folgt festgelegt:

 

  • Änderung des Gesellschaftszwecks (Section 89 CO)
  • Änderung der Articles of Associa­tion (Section 87, 88 CO)
  • Namensänderung (Section 107, 108, 111 (1) CO)
  • Entscheidungen in Bezug auf das Ka­pital der Gesellschaft (Rückkauf von Aktien/ Erhöhung und Redu­zie­rung des Kapitals, Ände­rung der Stimmrechte, etc.)
  • Benennung und Entlassung der Au­ditors (Section 394 to 399, 402 (2)(b)(i), 404, 416 (4), 419, 420 CO)
  • Entlassung von Direktoren (Section 462 CO)
  • Liquidierung der Gesellschaft (Cap 32 Companies (Winding Up and Mis­cellaneous Provisions) Ordinance, Section 228 (1) (b)).

 

2. Abstimmungen unter den Gesellschaf­tern

a) Annual General Meeting

Folgt die Gesellschaft dem oben genannten Grundsatz, dass das ope­rative Ta­gesgeschäft vom Board of Di­rectors ausge­führt wird und sich die Ge­sellschafter im Übrigen im Hinter­grund halten, so ist es ge­mäß Section 610 CO ausreichend, dass sich die Gesellschafter einmal im Jahr zu einer or­dentlichen Hauptversammlung (Annual Ge­neral Meeting, AGM) treffen, zu wel­cher das Board of Directors die Gesellschafter fristge­recht unter Beilegung ei­ner Agenda einladen muss.

 

b) Quorum

Solange die Articles of Association nichts an­deres bestimmen, ist die Haupt­versammlung beschlussfähig, wenn zumindest ein Quo­rum von zwei Gesellschaftern sich einge­funden hat (Section 585 (1) CO). Es ist also nicht not­wendig, dass sämtliche Shareholder oder eine bestimmte Anzahl der Stim­men bei der Versammlung anwesend sind; dar­über hinaus kann sich jeder Gesellschafter durch einen Vertreter reprä­sentieren lassen.

 

Abstimmungen werden, solange nicht das Vorliegen einer qualifizierten Mehr­heit (Spe­cial Resolution) notwendig ist (siehe unten), mit einfacher Mehrheit, d.h. mit 50% + 1 Stimme der abgegebe­nen Stimmen getrof­fen. Sollte es zu ei­nem Patt bei der Abstim­mung kommen, so hat der Vorsitzende des Mee­tings eine entscheidende Stimme (cas­ting vote).

 

c) Extraordinary General Mee­ting

Möchten sich die Gesellschafter außerhalb des jährlichen AGM treffen und Beschlüsse fas­sen, so findet dies als Extraor­dinary General Meeting (EGM) statt. Zu diesem müssen die Direktoren auf Auf­forderung der Gesell­schafter einladen, bzw. wenn die Direktoren der Meinung sind, dass es eines EGM be­darf, müssen sie eine entsprechende Einla­dung versenden. Darüber hinaus können noch weitere Personen (Auditor, Liquida­tor, das Gericht) ein EGM einberu­fen, wenn es hier­für ersichtliche Gründe gibt. Für ein solches EGM gelten die glei­chen Vor­schriften wie für das AGM.

 

d) Special Resolution

Wie oben gesehen wird ein Vorschlag durch Abstimmung mit einfacher Mehrheit ange­nommen, solange nicht das Gesetz, die Articles of Association oder ein Shareholders’ Agree­ment eine qualifizierte Mehrheit fordern. Eine Special Resolution erfordert nach Sec­tion 562, 564 CO die Zustimmung von mindes­tens 75% der abgegebenen Stimmen.

 

Die folgenden Geschäfte bedürfen unter an­derem kraft Gesetzes einer Special Resolu­tion und es kann hiervon nicht abgewi­chen werden:

 

  • Änderung des Gesellschaftszwecks (Section 89 CO)
  • Änderung der Articles of Association (Section 88 (2) CO)
  • Änderung des Gesellschaftsnamens (Section 107) CO)
  • Entscheidung zum Rückkauf von ei­genen Anteilen (Section 244 CO)
  • Reduzierung des Kapitals (Section 211 CO)
  • Liquidierung der Gesellschaft (Win­ding Up and Miscellaneous Provisi­ons Ordinance, Section 228 (1)(b)).

Darüber hinaus gibt es für Meetings, in wel­chen eine Special Resolution gefasst wer­den soll, bestimmte Ladungsfristen und der In­halt der Special Resolution ist in der Ladung ge­nau anzugeben.

 

Nach erfolgreicher Abstimmung und An­nahme der Special Resolution muss diese in­nerhalb von 15 Tagen beim Hongkonger Handelsregister (Companies Registry) regist­riert und hinterlegt werden.

 

3. Das Board of Directors

a) Überblick

Gemäß Section 453 (3) CO hat eine Hongkong private limited company über zu­min­dest einen Direktor zu verfügen. Fällt die­ser aus, etwa durch Rücktritt, Tod, etc., so haben die Gesellschafter innerhalb von zwei Monaten mindestens einen neuen Direk­tor zu bestellen. Da eine Hongkong Ge­sell­schaft aber ausschließlich über ihre Di­rekto­ren vertreten wird, ist während die­ser Zeit die Gesellschaft quasi handlungsunfähig, so dass es ratsam ist, immer mehr als einen Direktoren zu bestellen.

 

b) Bestellung und Abberufung

Grundsätzlich werden die Direktoren durch die Gesellschafter bestellt, welche auch ent­scheiden können, ob und – falls ja – in welcher Höhe der Direktor eine Vergütung erhält. Daneben ist es auch noch möglich, dass das Board of Directors selbst weitere Direktoren ernennt (Cap 622H Companies (Model Artic­les) Notice, Schedule 2, Sec 22 (1)(b)), etwa um einen unbesetzten Direktorenposten zu besetzen. Diese halten ihre Position aber nur bis zum nächsten AGM, in welchem sie dann von den Gesellschaftern bestätigt wer­den müssen. Im Gegensatz hierzu ist es für das Board of Directors nicht möglich, an­dere Di­rektoren abzuberufen. Tritt ein Di­rek­tor nicht freiwillig von seiner Position zu­rück (re­signation), müssen ihn die Gesellschafter abberu­fen.

 

c) Außenvertretung und Mana­ging Di­rector

Nach Hongkonger Common Law wird eine Gesellschaft immer gemeinschaftlich durch das Board of Directors vertreten, d.h. ein Direktor alleine kann grundsätzlich nicht für die Gesellschaft handeln, wenn er hierzu nicht durch Vollmacht der ande­ren Direkto­ren ermächtigt wurde. Dies heißt aber auch im Gegenzug, dass im­mer sämtliche Direk­toren für Handlungen des Board of Directors haftbar gemacht wer­den können, da sämtli­che Entscheidungen im­mer im Gremium zu treffen sind. Diese Haf­tung gilt für einzelne Direktoren auch dann, wenn sie gegen den entsprechenden Be­schluss gestimmt haben. Die einzige Möglich­keit, dieser Haftung zu entgehen, ist der sofortige Rücktritt des Di­rektors, noch be­vor über die Angelegenheit abge­stimmt wurde. Ein solcher Rücktritt kann so­fort und mündlich den restlichen Di­rekto­ren gege­benüber erfolgen und ist dann auch so­fort wirksam.

 

Den Direktoren steht es weiterhin frei, aus ih­rer Mitte einen Managing Director zu benen­nen (Cap 622H Companies (Model Articles) No­tice, Schedule 2, Section 5 (1)). Auf diesen können die Di­rektoren dann bestimmte Aufgaben der Ge­schäftsführung übertragen, welche der Ma­na­ging Director dann alleinverantwortlich führt.

 

d) Abstimmungen im Board of Di­rec­tors

Die Regeln zur Abstimmung unter den Gesellschaftern gelten grundsätzlich auch für das Board of Directors.

 

Möchte das Board of Directors zusammen­ über anstehende Entscheidun­gen beraten, so ist hier, im Ge­gensatz zu den Gesellschaftern, keine eigenständige Einla­dung notwendig. Da die Di­rektoren das Tages­geschäft der Gesell­schaft leiten, wird da­von ausgegangen, dass sie regelmäßig zusammenkommen.

 

Wie bei einem AGM ist zumindest die An-we­senheit von zwei Direktoren notwen­dig, um ein Quorum zu formen (Cap 622H Com­panies (Model Articles) Notice, Schedule 2, sec 11 (2)), soweit in den Articles of Associa­tion oder in einem Shareholders’ Agreement keine anderweiti­gen Regelungen von den Gesellschaftern festge­legt wurden. Abstim­mungen bedür­fen hierbei grundsätzlich einer einfachen Mehr­heit (50% + 1 Stimme) der abgegeben Stimmen.

 

Im Gegensatz zu der Regelung bei Gesellschaftern gibt es für das Board of Directors keine gesetzliche Regelung mit dem Inhalt, dass be­stimmte Ent­scheidungen einer qualifizierten Mehr­heit, Spe­cial Resolution, bedürfen. Es emp­fiehlt sich aber für die Gesellschafter, entwe­der in den Articles of Association oder in einem Sha­reholders‘ Agreement, bestimmte Ge­schäfte festzulegen, welche eine qualifi­zierte Mehrheit erfordern. Dadurch können die Gesellschafter sicherstellen, dass Rechtsge­schäfte und andere Handlungen von größerer Tragweite nicht ohne weite­res durch das Board of Direc­tors vorgenom­men werden können, son­dern einer höheren Zustimmung bedür­fen. Die Gesellschafter können bei der Festle­gung ei­ner solchen Rege­lung frei ent­schei­den, wie hoch die qualifizierte Mehrheit sein muss (z.B. 75%, 80%, oder 100%, oder auch jede andere Regelung), wie sie sich zu­sammen­setzt (in Bezug auf abgegebene Stim­men, oder in Be­zug auf sämtliche Stim­men des Board of Di­rectors).

 

Entscheidungen, die einer qualifizierten Mehr­heit zugewiesen werden sollten, kön­nen in etwa sein:

 

  • Veräußerung von Anlagevermögen
  • Belastung von Anlagevermögen
  • Aufnahme von Hypotheken
  • Vertragsabschlüsse ab einem be­stimmten Wert
  • Andere Arten von Geschäften, die für die Gesellschaft grundlegende Be­deutung haben.

 

Alternativ dazu können die Gesellschafter auch vereinbaren, dass bestimmte Geschäfte nicht nur einer qualifizierten Mehr­heit bedür­fen, sondern auch der Zustim­mung der Gesell­schafter. Hierdurch kann si­cherge­stellt wer­den, dass die Gesellschafter ein Mitspra­che­recht bei wichtigen Entscheidun­gen und ein Vetorecht haben.

 

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die oben angesprochenen Beschränkungen der Entscheidungsmacht des Board of Directors dieses nur im Innenverhältnis binden. Im Au­ßenverhältnis zu dritten Perso­nen sind und bleiben die Direktoren weiter­hin voll handlungs- und vertretungsfähig. Über­tritt dann das Board of Directors im Au­ßen­verhältnis seine Vertretungsbefug­nisse, die im Innenverhältnis festgelegt wurden, so kann dies zu Schadensersatzansprü­chen der Gesellschaft und der Gesellschafter gegen das Board of Di­rectors führen.

 

III.    Zusammenfassung

 

  • Die beiden Hauptorgane einer Hongkonger private limited company sind das Board of Directors der Gesell­schaft und die Gesellschafter. Daneben beglei­tet der Company Secre­tary noch die ad­ministrative Ar­beit der Gesellschaft, ist aber nicht am operativen Geschäft der Gesellschaft beteiligt. Ein dem Aufsichts­rat ähnli­ches Organ kennt das Hongkonger Recht nicht.

 

  • Das tägliche operative Geschäft der Ge­sellschaft obliegt dem Board of Di­rec­tors gemeinschaftlich, das auch für Fehlentscheidungen gemein­schaft­lich haftbar gemacht wer­den kann.

 

  • Bestimmte Aufgaben weist das Ge­setz dennoch den Gesellschaftern zur Ent­schei­dung zu, welche nicht disposi­tiv sind. Darüber hinaus kön­nen die Gesellschafter regeln, dass ih­nen weitere Ge­schäfte zur Entschei­dung zustehen.

 

  • Bei bestimmten Gesellschafterentschei­dungen bedarf es anstatt einer einfa­chen einer qualifizierten Mehrheit von mindes­tens 75% der abgegebenen Stim­men.

 

  • Im Board of Directors werden Ent­scheidungen ebenfalls mit einfacher Mehrheit der abgegeben Stimmen ge­trof­fen. Die Gesellschafter können aber festlegen, dass bestimmte Geschäfte ei­ner qualifizierten Mehrheit oder der Zu­stimmung der Gesellschafter bedürfen.

 

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